By | August 31, 2022

Auch nachdem die 26. Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP26) im vergangenen November zu Ende ging, ist die ESG-Landschaft weiter unklar.

Umwelt, Soziales und Governance sowie nachhaltige Finanzen sind derzeit wie der Wilde Westen. Das liegt daran, dass die ESG-Daten der Unternehmen nach wie vor uneinheitlich und unvollständig sind und es oft an Konsistenz zwischen Unternehmen, Sektoren und Ländern mangelt. Viele Unternehmen legen zwar einige Umweltrisiken offen, andere aber nicht. Außerdem gibt es weiterhin eine Diskrepanz zwischen den Bedürfnissen der Anleger nach relevanten ESG-Daten und den Unternehmen, die sie offenlegen.

Ein neuer Bericht der Internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO), einer globalen Gruppe von Aufsichtsbehörden, zeigt, dass es derzeit an Klarheit und Standards in Bezug auf ESG-Kennzahlen, an Transparenz über die Methoden zur Bewertung und einer klaren Abdeckung von Sektoren und Regionen mangelt. Obwohl der Klimawandel für institutionelle Investoren als vorrangiges ESG-Thema gilt, tracken weniger als die Hälfte der Unternehmen ihre Emissionen oder befassen sich mit physischen und Übergangsmetriken zu einer kohlenstoffärmeren Wirtschaft. Dies kann umfangreiche politische, gesetzliche, technische und marktwirtschaftliche Veränderungen beinhalten, um die Anforderungen zur Bekämpfung des Klimawandels und der Anpassung an diesen zu erfüllen.

Die Frage ist: Wie bald wird sich dies ändern? Erst vor einem Jahr hat ein Bericht der Europäischen Zentralbank, der sich mit der Frage beschäftigt, wie der europäische Bankensektor Klima- und Umweltrisiken behandelt, festgestellt, dass die meisten Banken keine konkreten Pläne haben, um sich auf den Klimawandel vorzubereiten.

ESG-Landschaften im Wandel

Im Jahr 2022 sind jedoch viele wichtige neue Vorschriften und Normen in der Entwicklung, die Klarheit in dieses Thema bringen werden. Hier finden Sie einen Vorgeschmack auf einige der ESG-Vorschriften und -Standards in Bezug auf nachhaltige Finanzen, die wir für 2022 erwarten.

Zunächst hat der kürzlich veröffentlichte Statusbericht 2021 der „Task Force on Climate-related Financial Disclosures“ (TCFD) offengelegt, dass die Empfehlungen zur Offenlegung zu einem globalen Standard geworden sind, der die Offenlegung des privaten Sektors steuert, für neue Gesetze und Vorschriften herangezogen wird und für Aufsichtsorgane, einschließlich der Europäischen Union, des Vereinigten Königreichs, der Schweiz und Neuseelands, gilt. Diese Länder übernehmen die Empfehlungen in die offiziellen Offenlegungsvorschriften. Einige Länder, einschließlich Kanada, sind zu verbindlichen Offenlegungen über klimabezogene Risiken und Chancen übergegangen.

Die EU ist bei vielen Aktualisierungen und in den Bereichen Offenlegungs- und Regulierungsänderungen Vorreiter, was sich wiederum auf die globalen ESG Anforderungen auswirkt. Das Ziel der EU ist es, den Finanzsektor zu verpflichten, als Katalysator für die Transformation der Realwirtschaft zu fungieren.

In der Vergangenheit hatten nicht wenige Investoren Kontakt zu ihren Portfoliounternehmen, aber mit einem zunehmenden regulatorischen Druck sind ESG-Informationen zu einem integrierten Bestandteil der Entscheidungsfindung und Kommunikation zwischen dem Finanzsektor und der Wirtschaft geworden. Diese regulatorischen Anforderungen wirken sich auch auf Finanzinstitute und Organisationen außerhalb der Europäischen Union aus, wenn Unternehmen Finanzprodukte in der EU anbieten oder wirtschaftliche Beziehungen zu europäischen Finanzdienstleistern haben. Die Idee dahinter ist, ein wirtschaftlich effizientes und nachhaltiges Finanzsystem zu schaffen, um mehr Kapital für nachhaltige Investitionen zur Verfügung zu stellen. Dadurch beeinflussen Investoren die Nachhaltigkeit in der gesamten Wirtschaft.

Unternehmen stehen vor mehreren Herausforderungen in Bezug auf Nachhaltigkeit, unter anderem:

  • Verwaltung von diversifizierteren ESG-Daten
  • Schaffung von Unternehmenswerten durch nicht-finanzielle Aspekte
  • Sicherstellung, dass das C-Management versteht, dass ESG wichtig ist
  • Integration von Nachhaltigkeits-/ESG-Reporting in die Finanzberichterstattung und das Management von Unternehmensrisiken

Der Game-Changer wird die durchgängige Integration des finanziellen und nicht-finanziellen Reportings sein, da sowohl Finanzinstitutionen als auch andere Arten von Organisationen ihre ESG- und Nachhaltigkeitsdaten mit den finanziellen Kennzahlen miteinander verknüpfen müssen. Ziel ist es, eine Synchronisation herzustellen zwischen dem, was Unternehmen an Investoren kommunizieren und was im gesamten Unternehmen operativ umgesetzt wird.

Anstehende Vorschriften

Um ein Gefühl dafür zu bekommen, was bevorsteht, finden Sie hier einige Fakten zu den anstehenden Vorschriften, die Sie kennen sollten:

CSR-Richtlinie in der EU (wirksam zum 1. Januar 2022):

Dies ist eine neue Richtlinie für die gesamte nicht-finanzielle Berichterstattung, die alle notierten Unternehmen in einem EU-regulierten Markt befolgen müssen (mit Ausnahme von Kleinstunternehmen). Jede EU-Richtlinie muss von den Mitgliedstaaten in eine nationale Vorschrift überführt werden (z. B. das CSR-RUG CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) in Deutschland).

Die CSR-Richtlinie gilt für alle Unternehmen, die auf dem Kapitalmarkt tätig sind sowie alle nicht kapitalmarktorientierten Unternehmen, wenn sie zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen:

  • Gesamtvermögen von mehr als 20 Mio. Euro (22,6 Mio. USD)
  • Netto-Umsatz von mehr als 40 Mio. Euro (45,2 Mio. USD)
  • Mehr als 250 Mitarbeiter

Unternehmen müssen Informationen zu Nachhaltigkeitszielen, der Rolle des Vorstands und des Aufsichtsrats, den wesentlichsten negativen Auswirkungen des Unternehmens und über immaterielle Ressourcen, die noch nicht in den Bilanzen erfasst wurden, veröffentlichen. Um dem ESG zu entsprechen, sollten Unternehmen auch über folgende Aspekte berichten:

  • Umweltschutz
  • Soziale Verantwortung und Umgang mit Mitarbeitern
  • Anti-Korruption und -Bestechung
  • Vielfalt in Führungspositionen

Neben diesen materiellen Themen sind Unternehmen verpflichtet, über Folgendes zu berichten:

  • Doppelte Wesentlichkeit: die Berichterstattung über Risiken, mit denen die Unternehmen aus externen Quellen wie dem Klima (Auswirkungen auf den Unternehmenswert) konfrontiert sind, sowie die Risiken für den Planeten oder die Personen, die aus dem Unternehmen und seinem operativen Betrieb entstehen (Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Umwelt)
  • Weitere zukunftsgerichtete Informationen: Dies umfasst Nachhaltigkeitsziele und deren aktuellen Fortschritt
  • Informationen zu immateriellen Anlagen: Dies umfasst Dinge wie die Parameter zur Umwelt- und/oder Nachhaltigkeitsleistung.
  • Die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) und die EU-Taxonomie-Verordnung: Mehr dazu im Folgenden.

EU-TAXONOMIE (Wirksam ab 1. Januar 2022, aber vollständig integriert am 1. Januar 2024):

Die EU hat eine gesetzliche „Taxonomie“ (Klassifizierung) für nachhaltige Aktivitäten von Unternehmen in verschiedenen Branchen entwickelt. Die Idee ist, dass Unternehmen klassifizieren müssen, welchen Teil ihres Umsatzes aus nachhaltigen Geschäftsbereichen generiert wird. Unternehmen müssen jetzt eine Klassifizierung ihrer nachhaltigen Geschäftsaktivitäten erstellen und diese offenlegen.

Dies ist für alle Branchen erforderlich; dazu gibt es technische und sektorspezifische Anleitungen. Die EU-Taxonomie umfasst Bereiche, die bis zu 80 % der europäischen Treibhausgase verursachen: Strom, Transport, Forstwirtschaft, Bauwesen, Informations- und Kommunikationstechnologien und verarbeitendes Gewerbe. Landwirtschaftliche Tätigkeiten sind derzeit in der Entwicklung.

Die Taxonomie zielt darauf ab, zu klassifizieren, ob die Aktivitäten des Unternehmens:

  • Im Wesentlichen zu mindestens einem der Umweltziele beitragen.
  • „Keinen erheblichen Schaden“ für eines der anderen Umweltziele verursachen.
  • Im Einklang mit einem Mindestmaß an sozialen und unternehmerischen Vorkehrungen durchgeführt werden.
  • Mit den technischen Screening-Vorschriften, die im Rahmen der Verordnung erlassen werden sollen, übereinstimmen.

Die Taxonomie-Verordnung definiert nachhaltige wirtschaftliche Aktivitäten als solche, die einen wesentlichen Beitrag zu einem der sechs Umweltzielen leisten:

  1. Kampf gegen den Klimawandel
  2. Anpassung an den Klimawandel
  3. Die nachhaltige Nutzung und der Schutz der Wasser- und Meeresressourcen
  4. Der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
  5. Vermeidung und Kontrolle von Umweltverschmutzung
  6. Der Schutz und die Wiederherstellung der Biodiversität und Ökosysteme

Gleichzeitig darf ein wesentlicher Beitrag zu einem dieser Ziele keinen erheblichen Schaden für ein anderes Ziel nach sich ziehen. Die EU-Taxonomie-Verordnung wird ein wesentlicher Referenzwert für mehrere andere bevorstehende Verordnungen zur nachhaltigen Finanzierung in der EU sein, z. B. für die Offenlegung von Informationen oder den EU-Standard für grüne Anleihen.

Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) (Wirksam zum 1. Januar 2022):

Als wichtiger Bestandteil der Agenda der EU für eine nachhaltige Entwicklung soll die SFDR die Transparenz in Bezug auf Nachhaltigkeit zwischen Finanzinstituten und Marktteilnehmern erhöhen. Die Verordnung zielt darauf ab, die Nachhaltigkeitsleistung für Finanzinstitute auf Unternehmens- und Produktebene zu standardisieren. Vergessen Sie nicht, dass Finanzinstitute nicht nur über die Sektoren berichten müssen, in die sie investieren, sondern auch Informationen über die tatsächlichen Unternehmen, in die sie investieren, liefern müssen. Die Offenlegungsvorschriften gelten auf Unternehmens- und Produktebene gleichermaßen. Das SFDR gilt hauptsächlich für Finanzinstitute (Banken, Versicherer, Vermögensverwalter und Investmentunternehmen), die innerhalb der EU tätig sind. Nicht-EU-Unternehmen werden indirekt über EU-Tochtergesellschaften, Marktbeteiligungen in der EU oder über den Marktdruck in die Pflicht genommen.

Das SFDR zielt darauf ab, Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater zu regulieren mit Hinsicht auf:

  • Transparenz in Bezug auf Nachhaltigkeitsrisiken
  • Berücksichtigung von negativen Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit in ihren Investitionsprozessen
  • Die Bereitstellung von nachhaltigkeitsbezogenen Informationen in Bezug auf Finanzprodukte

Offenlegung auf Unternehmensebene:

Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater müssen Informationen auf ihrer Unternehmens-Website offenlegen:

  • Nachhaltigkeitsrisiko: Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken in den Entscheidungsprozess bei Investitionen
  • Die wichtigsten negativen Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit: Die negativen Auswirkungen der Anlageentscheidung/-beratung auf die Nachhaltigkeit
  • Konsequente Ausrichtung der Entgeltpolitik an den Nachhaltigkeitszielen

Dies gilt für Dienstleistungen im Bereich Portfolio- und Anlageberatung, versicherungsbasierte Anlageprodukte, Rentenprodukte sowie alternative Anlagefonds und OGAW-Produkte (Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren).

Offenlegung auf Produktebene:

Ferner sind Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater verpflichtet, Produktinformationen, die im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit stehen, sowohl für ESG-bezogene Produkte als auch für nicht ESG-bezogene Produkte offenzulegen. Die Verordnung sieht vor, dass Unternehmen die Produkte oder Beratungsdienstleistungen in eine der drei folgenden Kategorien einordnen:

  1. Mainstream-Produkte
  2. Produkte, die ökologische oder soziale Aspekte fördern
  3. Produkte mit nachhaltigen Anlagezielen.

Die Pflichten zur Offenlegung auf Produktebene betreffen die vorvertragliche Offenlegung (Kundeninformationen, Broschüre usw.), die Offenlegung von Produktwebseiten und regelmäßige Produktberichte.

Diese neuen Vorschriften gelten für europäische Finanzdienstleistungsorganisationen ab 2022. Ab 2023 gelten sie für alle in der EU notierten Unternehmen und für die nicht börsennotierten Unternehmen, in denen mehr als 250 Mitarbeiter beschäftigt sind.

Netto-Null-Standard im Finanzwesen

Neben dem neuen Netto-Null-Standard, der kürzlich von der „Science Based Targets“-Initiative entwickelt und veröffentlicht wurde, entwickelt das Unternehmen derzeit einen Standard für Netto-Null-Ankündigungen im Finanzbereich.

Derzeit liegt ein Entwurf für ein Papier zur öffentlichen Konsultation über die Methodik des Standards vor, in dem u. a. folgende Punkte diskutiert werden:

  1. Welche Netto-Null-Kennzahlen eignen sich für Finanzinstitute?
  2. Abdeckung aller Aktivitäten
  3. Ambitionierte Ziele
  4. Rolle von CO2-Krediten

International Sustainability Standards Board (ISSB)

Ferner entwickelt das neu gegründete International Sustainability Standards Board (ISSB) eine umfangreiche globale Basis von hochwertigen, anlegerorientierten Standards für die Offenlegung von Informationen über die Nachhaltigkeit, um auf den Informationsbedarf der Anleger zu reagieren.

Die Initiative konsolidiert das Climate Disclosure Standards Board (CDSB eine Initiative von CDP) und die Value Reporting Foundation (VRF, die im Juni 2021 aus der Fusion des Integrated Reporting Framework und der SASB-Standards hervorgegangen ist) bis Juni 2022.

Ziel ist es, die technischen Grundlagen für globale Nachhaltigkeitsstandards für die Finanzmärkte zu schaffen, um den dringenden Bedarf zur Optimierung und Formatierung von Nachhaltigkeitsangaben zu Unternehmen zu decken.

Sind Sie bereit, mehr zu erfahren?

Setzen Sie sich mit Sphera in Verbindung, um mehr über die anstehenden Vorschriften zu erfahren und diese in Ihr ESG-Reporting zu implementieren.